meine ganz persönliche interpretation? ars electronica 2009 ist nicht hysterisch, nicht panisch, sie ist gefasst, verläuft sich am ehesten noch in belanglosigkeit oder zweckoptimismus. überschüttete mich zunächst mit einer flut an gebotenem: gadgets, devices, electronica, gerade eine spur zu viel, um noch den überblick zu bewahren (das apokalyptische thema der klangwolke flut-arche ist gar nicht unpassend).
andererseits, die ars erzählt erstaunlich wenig von einer großartigen zukunfts-utopie, vielleicht am ehesten noch in der open sailing idee (www.opensailing.net), die mit dem „the next idea“ preis ausgezeichnet wurde. in wahrheit schweigt sich die ars über die zukunft in beängstigender weise aus, so als hätte sie etwas zu verschleiern.
dann allmählich dämmert es. das unbehagen, das mir die heurige ars electronica mit nach hause gegeben hat, liegt im nicht-ausgesprochenen: unter der ganzen brühe an electronic/hype/technologie geplänkel verbirgt ist eine nicht mehr hypothetische technologie des „human engineering“, die uns mit einem horrorkatalog an neuen realitäten konfrontiert, bzw. gerade überrollt. was am tag danach aus dem festival-sumpf hervorblitzt sind die nachwehen von ausstellungsbeiträgen wie „future farm“ von michael burton (www.michael-burton.co.uk): verstörend und schonungslos. allein schon das bild im ausstellungskatalog wirkte derart gruselig, dass es die meisten leute, die ich getroffen habe, so schnell wie möglich überblätterten. in einem kurzen video zeigt der britische künstler wie sich menschen aus finanziellen gründen an die pharmaindustrie verkaufen, um ihren körper gegen geld als nährboden für stammzellen und organ-zucht ausbeuten zu lassen.
das „electronica“ in ars electronica wurde zum auslaufmodell. die gegenwart(!) bedeutet genetic engineering, die menschliche natur, der menschliche körper ist zum rohstoff und baugrund geworden. allerdings in einer so schockierenden weise, dass wir sie am liebsten gleich wieder ausblenden möchten. im nachhinein betrachtet verkommt alles andere am ars electronica festivals zu einem versuch, die gegenwart mit elektronik-schrott zuzumüllen, aber lange wird das nicht mehr gelingen.

michael burton, future farm