pdcon09 und ISCL2009

Ende Juli/Anfang August fand in Brasilien ein besonderer Mix aus Festivals, Konferenzen, Workshop Wochen zum Thema Open Source Software und Interaktive/Digitale Kunst statt. Ein kurzerRückblick auf meine Brasilien Reise…

Die erste Veranstaltung war die 3. internationale Convention für Puredata (Pd) vom 19.7. bis zum 26.7 in Sao Paulo. Das Computerprogramm Pd ist eine visuelle Programmiersprache zum Erstellen von interaktiven Realtime Applikationen. Geschätzte 50-100 Künstler, Entwickler und Pd Enthusiasten zeigten ihre Arbeiten, interaktive Sound- und Video-Installationen, Performances, präsentierten neue Entwicklungen und wissenschaftliche Beiträge, oder nahmen an Diskussionsrunden, Workshops und diversen Hacklabs teil.

Es gab unzählige Highlights: Erfrischend radikal, zugleich aber mit einer außergewöhnlichen Dynamik und kreativen Energie waren die Performances aus der lokalen Pd-Szene: Experimentelle Musik, Visuals, teilweise in Kombination mit Tanz bzw. anderen Arten von Performances. Bei den Paper-Präsentationen stach besonders der Talk von Hans-Christoph Steiner hervor („Software ist wie Städteplanung…“) und Miller Puckette’s Vorstellung von pd~ („Pd Tilde“), ein neues Feature von Pd, das es ermöglicht Pd als Plugin praktisch jeden anderen Computerprogramms laufen zu lassen.

Consuming_Her

Consuming Her, Pdcon09. Teresa Ascencao, Jim Ruxton, Marius Schebella

Ich selbst stellte in Kollaboration mit drei anderen Künstlern zwei Installationen aus: eine interaktive Sound Installation („Between Bodies“, von Nina Waisman/USA) und „Consuming Her“, eine ebenfalls interaktive Sound- und Video-Installation (mit Teresa Ascencao/CAN und Jim Ruxton/CAN). Besonders Consuming Her, eine Arbeit, die sich mit Nacktheit in Hollywood Mainstream Movies auseinandersetzt, rief wunderbare Publikumsreaktionen hervor.

Außerdem stellte ich in eine OpenGL Shader Library für Pd/GEM vor und hielt einen Workshop zum selben Thema (GLSL in Pd/GEM).

In Salvador de Bahia, im Nordosten Brasiliens fand anschließend vom 27.7. bis zum 1.8. das Festival „interatividade em sistemas computacionais livres“ (ISCL 2009) statt. Die Teilnehmer hierbei kamen zu einem Großteil aus Brasilien, und wieder gab es Workshops, Präsentationen, Diskussionen, Konzerte und Performances. Thema waren Interaktion und Open Source Software und Hardware. Besonders spannend war für mich die Podiumsdiskussion „Daten-Manipulation in musikalischen Kompositionen“, in der es um grundlegende Fragen der Interaktion und des Mappings von Parametern und der Steuerung von Musikstücken oder Installationen ging. Und einmal mehr die Vielzahl an beeindruckenden Performances und Konzerten.

In Sao Paulo fand übrigens parallel dazu ein weiters Digital-Art-Festival statt, das Electronic Language International Festival (FILE) in Sao Paulo, bei dem auch noch einmal eine Version von „Between Bodies“  gezeigt wurde.

Between Bodies

Juca Ferreira, Brasilianischer Kulturminister besucht "Between Bodies" bei FILE 2009. (Nina Waisman, Pd Programmierung Marius Schebella)

Was man  ganz generell von Brasilien, bzw. den Menschen in Brasilien lernen kann, ist der direkte und unkomplizierte Umgang mit den meisten Dingen des Lebens. Technologie wird weniger mystifiziert als in Europa, und Leute haben weniger Hemmschwellen, sich Problemen zu stellen oder mit Fragen auseinander zu setzen. Außerdem hat Brasilien mit seinen vielen Initiativen zur Förderung von Open Source Software eine internationale Vorreiterrolle eingenommen und versucht mit diesen Maßnahmen, mehr Menschen breiteren Zugang zu Computertechnologie zu ermöglichen. Das Interesse und die Begeisterung, mit der die meisten dieser Angebote angenommen werden, ist beeindruckend.