Der Bachelor-Studiengang MultiMediaTechnology(MMT) startete vor drei Jahren, nun beendet der erste Jahrgang sein Studium und es ist Zeit für eine Zwischenbilanz.
MMT ist ein Informatik-Studium mit zwei Spezialisierungen: Game-Development und Web-Development. Ich war als Fachbereichsleiterin für den Web-Bereich bereits bei der Entwicklung des Curriculums im Jahr 2007/08 dabei. Es war schnell klar, dass wir für die Game-Spezialisierung C++ als erste Programmiersprache verwenden würden, und dass die klassische Informatik-Ausbildung (Programmierung, Algorithmen und Datenstrukturen, Software Engineering) in dieser Sprache erfolgen würde.
Aber welche Sprachen, welche Technolgien sollten wir im Web-Bereich verwenden? In diesem Artikel argumentieren wir die Entscheidung für Ruby on Rails, berichten über die Ergebnisse, und beantworten die Frage: „Wo kann ich Ruby on Rails studieren?“.

1. Studienjahr: Linux, Apache, MySQL, PHP im Web-Fachbereich
1. Studienjahr: Grundausbildung
Für die Grundausbildung war die Wahl leicht: PHP ist so weit verbreitet, PHP ist eine so beliebte Sprache für Programmier-AnfängerInnen, PHP ist die Sprache von so vielen wichtigen Applikationen (WordPress, TYPO3, Mediawiki, Drupal,…) … um PHP führt kein Weg herum. Und PHP passt gut zum ersten Studienjahr, wo das Erlernen der Programmierung im Zentrum steht. So verwenden wir also im ersten Jahr den klassischen LAMP-Stack: Linux, Apache, MySQL, PHP.
2.Studienjahr: Professionalisierung
Im zweiten Studienjahr geht es um Professionalisierung: Wir können programmieren, wir können Probleme lösen, nun geht es um abstraktere Konzepte und um Tools und Praktiken der Teamarbeit. Im Web-Bereich bedeutet das: ein Framework das nach dem Model-View-Controller Konzept funktioniert, Arbeitsteilung zwischen DesignerInnen (von unserem Partner-Studiengang MMA) und EntwicklerInnen von MMT, Zusammenarbeit mit Hilfe eines Versionskontrollsystems.
http://www.youtube.com/watch?v=p5EIrSM8dCA

Web Development Frameworks: django, cake, symphony, zend oder ruby on rails?
Es stellt sich also die Frage: welche Sprache und welches Framework soll im 2.Jahr verwendet werden? In die engere Auswahl kamen
- PHP mit ZEND, Symphony oder Cake
- Ruby mit Ruby on Rails
- Python mit Django
Bei PHP als Sprache zu bleiben wäre sehr bequem. Aber PHP schleppt ein schweres Erbe mit: eine lange Tradition von schlechtem Code und schlechten Angewohnheiten. Ein kaputtes Code-Beispiel ist immer nur eine Google-Suche weit entfernt.
Für Pyhon und Django spricht einerseits die Verwendung von Python in Maya (dem 3D Animations-Programm, das bei MMA verwendet und auch im MMT-Studium kurz angerissen wird) und andererseits die Unterstützung durch Google (als „offizielle Firmensprache“, in der AppEngine, etc).
Das Attraktive an Ruby on Rails ist einerseits die innovative Community, die Rails mit unglaublicher Geschwindigkeit weiter entwickelt. Andererseits bringt Rails eine Kultur von guten Praktiken mit: Test Driven Development, agile Entwicklung, die Verwendung von git, … diese Praktiken sind eng mit Rails verflochten. Wenn man Rails lernt, lernt mal also viel mehr als nur Programmierung.
Mit Michael Raidel konnte ich einen Lektor engagieren, der Rails im besten Sinne vertritt: nicht nur technisch kompetent und immer auf dem neuesten Stand, sondern auch mit einer großen Leidenschaft für die Konzepte hinter Rails.
3.Studienjahr: Praktikum, Abschlussprojekte, Bachelorarbeit
Das Praktikum im 5.Semester war ein erster Realitäts-Check für Ruby on Rails: können die Studierenden adequate Praktikumsstellen finden? Wo sie einerseits das gelernte einsetzten, und andererseits auch noch dazulernen können? Oder gibt es noch gar keine Firmen, die Ruby on Rails einsetzen?
Im Sommer 2010 hatten wir die Antwort auf diese Frage: Alle StudentInnen haben eine Praktikumsstelle gefunden, alle waren wirklich als Web-Entwickler im Einsatz. Die Verteilung der insgesamt 11 Personen war:
- 6 x Ruby on Rails, bei Firmen in Boston, Berlin, Hamburg und Salzburg
- 3 x PHP, bei Firmen in München, Wien und Salzburg
- 1 x Actionscript, in Berlin
- 1 x iOS (& Rails), in Regensburg
Das Praktikum von Matthias Schmidt bei der renommierten Rails-Firma thoughtbot in Boston ist wohl kaum zu überbieten. Aber auch im deutschsprachigen Raum fanden sich verschiedene Firmen die Ruby on Rails einsetzen: eine Forschungsabteilung, ein Startup, eine Firma für iPhone/iPad Apps, die Rails im Backend verwenden, eine Web-Agentur.
Die Praktikums-Firmen waren mit den PraktikantInnen äusserst zufrieden: „umfangreiche Kenntnisse“, „konnte sofort an Kunden-Projekten mitarbeiten“, „bereits jetzt als vollwertige Arbeitskraft im Unternehmen einsetzbar“ schreiben sie in Ihren Zeugnissen.
Auch die Studierenden haben vom Praktikum viel profitiert: Themen wie SCRUM, Testing, Deployment hatten sie zwar im zweiten Studienjahr gelernt und geübt. Aber erst im Praktikum, mit echten Projekten und echten KundInnen wurde ihnen die Bedeutung dieser Dinge wirklich klar.
Die Praktikas waren auch eine wichtige Quelle für neue Impulse und Themen, die dann in Bachelorarbeiten und Abschlussprojekten aufgegriffen wurden: CouchDB, MongoDB, verschiedene Javascript-Frameworks, …
Für die Abschlussprojekte entschieden sich fast alle Studierende im Web-Bereich wieder für Ruby on Rails: QUER ist das neue Online-Portfolio der Studiengänge MultiMediaArt und MultiMediaTechnology. Wobistn ist eine ortsbezogenes soziales Netzwerk mit mobile App: hier kann ich ankündigen auf welcher Party, auf welchem Konzert ich sein werde, und die Information mit meinen Freunden teilen. Matilda ist eine Photo-App fürs iPhone, derzeit noch in der closed Beta.
Resümee
Nach drei Jahren Ausbildung sind die AbsolventInnen von MMT nun professionelle Web-DeveloperInnen auf hohem Niveau. Ruby on Rails spielte dabei eine zentrale Rolle: nicht nur das Framework selbst, sondern die gesamte Entwicklungs-Kultur der Rails Community. Wenn die AbsolventInnen die Bedeutung von Testing oder Deployment verstanden haben, und diese Konzepte – unabhängig von der Programmiersprache – in Ihren Projekten anwenden werden, dann ist das ein Verdienst von Rails.
Egal ob die AbsolventInnen im Anschluss an dern Bachelor eine Anstellung suchen, einen eigenen StartUp gründen, oder ihr Wissen in einem Master-Studium noch vertiefen: Ruby on Rails hat ihnen die richtige Basis dafür geliefert.
P.S. Wo kann ich Ruby on Rails studieren?
Derzeit ist die FH Salzburg noch die einzige Hochschule im deutschsprachigen Raum, die Ruby on Rails zentral im Studium einsetzt. Ich hoffe, dass auch andere Hochschulen und Universitäten bald nachziehen: wir können mit ca. 15 AbsolventInnen im Web-Bereich die Nachfrage bei weitem nicht stillen. Falls jemand Interesse hat Teile unseres Modells zu übernehmen: wir helfen gerne!